Von Männern und deren Besessenheit, den eigenen Penis zu vermessen


Klopapierrolle, Lenkrad, Deospray. Diese 3 Gegenstände in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen klingt nicht erst einmal unlogisch, oder? Wenn wir davon ausgehen, dass alle 3 Gegenstände dazu benutzt werden, den eigenen Penis zu vermessen, geht uns vielleicht doch ein Licht auf.

Mir war schon recht früh klar, dass Männer (und ja, hier pauschalisiere ich bewusst) gerne den Größten hätten. Ich wusste nie so richtig warum, denn mein erster Freund hatte einen so großen Penis, dass unsere ersten Sex-Versuche kläglich scheiterten. Ich hatte weder den vielfach gepriesenen Spaß noch bereitete mir der Anblick des riesigen Knüppels in irgend einer Weise Lust. Als ich das erste Mal seinen Penis anfasste, dachte ich nur „Der fühlt sich an wie ein Delphin“ - nicht, dass ich eine Flipper-Bessenheit besitzen würde, aber so in etwa stellte ich mir die Oberfläche eines Delphins vor, ja. Bei meinem zweiten Freund wurde mir schlagartig bewusst, dass Penisse sich in ihrer Größe deutlich unterscheiden können. „Wie gehen wohl Männer mit dieser Tatsache um?“ - fragte ich mich neugierig.

Da ich als Jugendliche starke Komplexe wegen meiner Figur hatte (obwohl ich weder mollig noch unförmig war), erschien es mir nur logisch, dass Männer sich hinsichtlich der Größe ihres Stängels ständig miteinander verglichen. An der eigenen Figur kann man zum Teil etwas ändern (z.B. ab- oder zunehmen), am Penis allerdings nicht. Der ist so wie er ist, das ganze Leben lang. Wie geht ein Mann also damit um, wenn er seinen Penis als zu klein empfindet? Richtig, er misst ihn aus und vergleicht sich ständig, um sich entweder die Bestätigung abzuholen, dass ja doch alles in Ordnung ist oder er erniedrigt sich immer und immer wieder selbst, um sich in der eigenen Unzulänglichkeit zu suhlen. Vielleicht tritt irgendwann der Punkt ein, an dem er anfängt, sich zu lieben oder zumindest zu akzeptieren.

Mir ist erst klar geworden, wie wichtig vielen Männern die Größe ihres Penis ist, als ich anfing, mich vermehrt mit Therapie und Beratung zu beschäftigen. Es artetet bei einigen teilweise schon in eine Form der Besessenheit aus. Besessenheit deswegen, weil sich so sehr darauf fokussiert wird, den eigenen Penis als heiligen Gral der Lust anzusehen, dass dabei völlig außer Acht gelassen wird, dass der Penis des Mannes nur zu einem Bruchteil dazu dient, die Lust der Frau zu befriedigen.

Penis hier, Penis da. Es geht beim Sex doch nicht nur um den Penis. Nein, er ist nicht die Sonne und alle anderen Sachen umkreisen ihn wie kleine Planeten. Unser Lustempfinden ist deutlich komplexer. Der Penis leistet seinen Beitrag, klar, aber viele andere Dinge dürfen dabei nicht vergessen werden, wie z.B. das Kommunizieren der eigenen Bedürfnisse und Vorlieben, ein gutes Vorspiel und das Wecken der Fantasie. Vorspiel, Stimmung, gute Laune, Romantik - wie auch immer man die definiert. 

Ich möchte hier gewiss nicht alle Männer in eine Schublade stecken, sondern Bewusstsein dafür schaffen, dass die Größe, Dicke, Form o.Ä. des Penis nicht mal ansatzweise so wichtig ist, wie viele Männer vielleicht denken.


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