Fireworks
Als du mich ansprachst, war es wie eine dieser abendlichen Disko-Begegnungen. „Hey, wie heißt denn das Lied?“ Ich glaube, es war Two Door Cinema Club mit „I can talk“. Wir kamen ins Gespräch. Du warst beeindruckt von mir, das sehe ich an deinen Augen. Politische Diskussionen mit Bier und Kippe in der Hand und dazu wundervolle Indie-Songs. Es war einer dieser frühlingshaften April-Abende, die mir ein gutes Gefühl geben.
Eine Woche später sehen wir uns wieder, ohne Austausch von Informationen oder Nummern. Nicht einmal deinen Namen kenne ich. Wieder verwickeln wir uns in ein Gespräch, das im Morgengrauen am Brunnen in der Innenstadt endet. Benni – alles klar, wir umarmen uns und gehen heim, du nach Westen, ich nach Süden. Ich habe deine Nummer, aber sicherlich nie vor, dich anzurufen. Irgendwann tu ich es doch, aus Versehen. Ich wollte doch jemand anderem schreiben und bin in der Zeile verrutscht. Das wollte ich nicht. Erwartungen schüren oder Treffen provozieren. Wir gehen trotzdem Kaffee trinken und verabreden uns für den Abend im Indie-Schuppen. „Ich wollte nicht unhöflich sein“ redete ich mir ein. Trotzdem war es schön, dich bei Tageslicht zu sehen. Ich stelle fest, dass du einen träumerischen Blick hast und die Sonne aufgeht, wenn du lachst. Du bist auf einmal so schüchtern, irgendwie süß. Am Abend unterhalten wir uns wieder einmal bis in die Morgenstunden. Was, du bist viereinhalb Jahre jünger als ich? Egal, es ist so schön, wie du mich umgarnst und mich anschaust, wie du mit mir flirtest, ganz natürlich und unbefangen – ohne Absichten. Ich genieße deine Nähe. Plötzlich küssen wir uns. Es war meine Schuld, schließlich habe ich dir verschwiegen, dass ich vergeben bin. Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren konnte.
Wir sehen uns nicht wieder, weil ich dich über meine Beziehung aufkläre. Du meldest dich nicht. Es ist okay.
Ein paar Wochen später: Eine zufällige Begegnung in der Indie-Disko und Gespräche bis die Sonne scheint, es lockert alles ein bisschen auf. Wir sind verschwitzt, doch die kühle Morgenbrise verzaubert den fröhlichen Juni-Morgen. Du verurteilst meine Entscheidung, in einer Beziehung zu leben, obwohl ich mich fühle, als würde ich dort etwas vermissen. Ich gestehe dir, dass ich ein bisschen auf dich stehe. Ich liebe es, wie du eifersüchtig wirst. Du fragst mich, warum ich dir überhaupt schrieb und wir uns geküsst haben. Ich weiß immer noch keine Antwort.
Ich falle in einen tiefen Schlaf.
Melancholie.
Zeit vergeht.
Ein break.
Kurze Treffen im Sommer, es ist immer wieder schön, mit dir zu lachen. Du nimmst dir Zeit für mich, siehst alles so locker, machst dir keine Gedanken über das Leben und bist trotzdem so intelligent. Ich bewundere dich dafür, weil ich selber immer so sorglos und unbefangen sein wollte, es aber nie geschafft habe, meine lästigen Gedanken loszuwerden.
Wir tanzen auf der Straße zu Foals – als würde es keinen Morgen geben. Du im T-Shirt bei 5° C, ich bringe dich heim, dein Bett riecht so gut, ich schlafe bei dir ein. Als ich dich umarme schiebst du mich weg.
Knapp ein Dreivierteljahr ist vergangen, seit wir uns kennen lernten. Wir sind Freunde, oder?
Wir kommen uns näher, du schaust mich an. Ich spüre, dass du auf mich gewartet hast, da ist etwas Komisches zwischen uns. Die Luft ist rauchig-schön, voller Freude, dich wiederzusehen. Bunte flackernde Lichter sagen mir, dass es Zeit ist zu gehen. Es ist eine Last und schön zugleich. Es ist nicht die Last, die schön ist, sondern der Rausch, den ich spüre, wenn wir uns berühren, ganz zufällig – wenn ich deine Zigarette halten soll.
Du bist betrunken und kriegst keinen klaren Satz raus. Ich bringe dich raus… damit du keinen Ärger kriegst. Du hast mich aus Versehen mit Bier bekippt. Ich genieße trotzdem jeden noch so kleinen Moment mit dir. Du sagst, dass du mich ja eigentlich magst und fragst mich, ob ich noch mitkommen will. Ich sollte heim gehen, doch ich tue es nicht. Ich weiß, dass nichts Schlimmes passiert und wir gehen noch zu dir, auf ein Bier, hören Tocotronic, es passt, alles ist perfekt. Ich beherrsche mich, auch als Fireworks ertönt – das immer wieder ein symbolisches Feuerwerk zwischen uns entfacht. Du ziehst mich zu dir, doch ich kann, nein, ich muss dir widerstehen. Zeit zu gehen. Ich steige auf mein Fahrrad und du schaust mir aus dem Fenster verträumt hinterher. Das, was mir bleibt sind Gedanken, die mich nicht loslassen, Gedanken über richtiges und falsches Handeln. Ich erwische mich dabei, wie ich auf einmal tagträume – von dir: wie es wohl ist, dich zu küssen? Ich denke ständig an deine Berührungen und das wohlriechende Kissen. Doch ich weiß, dass du irgendwann nur irgendjemand sein wirst. Jemand, der mir nichts bedeutet.
Das Leben und die Liebe sind eine Reise. Leider kennen wir weder das Ziel, noch wissen wir, wo unser Ticket ist. Wir müssen bezahlen.
Was ich nun tu? Nach des Rätsels Lösung suchen oder Gras über die Sache wachsen lassen? Ich denke an deine Blicke, die mich verschlingen, das Wissen darum, dass ich dich haben könne, wenn ich wollte. Ich liebe diesen Reiz. Es beflügelt mich, zu sehen, wie du mir verfällst, versunken in Gefühlen der Machtlosigkeit. Ich sitze am Steuer und bin selbst kaum in der Lage, zu fahren. Ich fahre mich selbst in Richtung eines Baumes und schaffe es vorher noch auszuweichen. Ich reiße mich durch dieses Spiel vielleicht selbst in die Tiefe. Wenn ich genug Kraft habe, schaffe ich es, mich selbst herauszumanövrieren. Und wofür das Ganze?
Ich denke immer öfter an dich. Es lässt mich nicht los, wie du mich angeschaut hast. Du erscheinst in meinen Träumen. Meine Gefühle werden Herr über mich, ich habe keine Kontrolle mehr. Es tut mir leid, ich muss dich küssen. Es ist unfassbar, was mit uns geschieht. Wir lassen uns treiben und versinken in Ekstase. Es ist wundervoll, unglaublich, der Wahnsinn. Du bist der Wahnsinn.
Meine Beziehung ist vorbei, aber ich bin nicht mit dir zusammen.
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